Bonner Sportorthopäde Dr. Jürgen Römer beantwortet Fragen zur Kreuzbandruptur
1.) Frage: Wodurch entsteht eine Kreuzbandruptur?
Eine Kreuzbandruptur entsteht durch kombinierte Drehbeugebewegungen, häufig des auf dem Boden feststehenden Unterschenkels im dreidimensionalen Raum bei komplexen schnellkräftigen Sportarten. Nicht selten ist ein Gegnerkontakt mitverantwortlich und der Sportler hatte eine sehr geringe Reaktionsmöglichkeit.
2.) Frage: Wie hoch ist die Gefahr einer erneuten Ruptur?
Die Gefahr einer Reruptur ist bei ausschließlicher Verletzung des vorderen Kreuzbandes, einer technisch optimal durchgeführten Operation und einem professionellen Rehabilitationsprogramm sehr gering.
Sie liegt sicherlich im einstelligen Prozentbereich.
3.) Frage: Gibt es andere Gründe für einen Kreuzbandriss ?
Es gibt in der Tat Menschen mit besonders weichem Bindegewebe, insbesondere weichen Kapsel – Band Strukturen . Diese Sportler haben ein erhöhtes Risiko einer Kreuzbandruptur oder Reruptur.
4.) Frage: Sind die Sportler nach einer Operation am Kreuzband wieder genau so leistungsfähig wie vor der Ruptur?
Die Wahrscheinlichkeit wieder auf altem Leistungssportniveau Sport zu treiben ist bei Profisportlern nach einer Kreuzbandruptur in Abhängigkeit von Begleitverletzungen wie beispielsweise Meniskus- oder Knorpelschädigungen etwa 80 %. Bei einer Reruptur ist die Wahrscheinlichkeit des „Return to Sport“ auf altem Niveau leider als noch geringer einzuschätzen .
Darüber hinaus sollte in einer solchen Risikosituation (Reruptur), aus meiner Sicht, mit einem jungen Menschen im Hinblick auf seinen zukünftigen Lebensweg ( alternative Berufswege, Arthroserisiko im Kniegelenk etc….) gemeinsam mit allen beteiligten Trainern, Sportärzten und Familie gesprochen werden . Für den „normalen“ Sportler sind die Bedingungen insgesamt ähnlich.
5.) Frage: Wann können die Patienten und Sportler wieder voll Sport treiben?
Das hängt selbstverständlich von den Begleitverletzungen ab. Hier ist insbesondere auf Meniskusverletzungen , Knorpelverletzungen und andere Bandverletzungen zu achten. In aller Regel empfehle ich meinen Sportlern, abhängig von der Sportart, (Eishokeyspieler sind interssanterweise schneller wieder fit als Fussballer oder Skifahrer ) zwischen dem sechsten und neunten Monat nach der Operation in ihre Hauptsportart leistungsorientiert schrittweise einzusteigen. Wettkampfsporttauglichkeit kann dann durchaus noch weitere 4-6 Wochen dauern.
Außerordentlich wichtig ist allerdings ein professionelles, auf die individuellen Bedürfnisse des Sportlers angepasstes, Stück für Stück aufbauendes, auf die adressierte Sportart bezogenes, komplexes Rehabilitationsprogramm.
Beginn immer mit Gelenkmobilisation, Abschwellung, Lymphdrainage, muskulären Ansteuerungsübungen, zunehmend isometrischen dann konzentrischen/ exzentrischen Trainingsprogrammen. Das Training läuft zunächst assistiv (mit Hilfe) geführt an Geräten in geschlossen, dann in halb- und zuletzt offenen Ketten ab. Die koordinativen Trainingsaspekte werden immer mittrainiert.
Ein solches Programm, und darum geht es ja, sollte den Sportler, auch Profisportler auf die so sehr ersehnte Wettkampfsporttauglichkeit vorbereiten. Wir bezeichnen dies allgemein als „Return to Sport“
6.) Frage: Wieso schaffen es manche Sportler schneller zurück zum Sport und manche schaffen es weniger oder gar nicht?
Die Variabilität, wann und wie Patienten wieder Sport machen können ist sicherlich sehr hoch und hängt wie bereits erwähnt auch von Begleitverletzungen, der richtigen Operationstechnik, und dem richtigen Rehabilitationsprogramm ab. Grundsätzlich kann man sagen das Profisportler schon aus beruflichen Gründen eine sehr hohe Motivation haben eine Kreuzbandoperation zu überwinden.
Manchmal ist es einfach nur Pech. Manchmal war es dann doch nur der Tritt des gegnerischen Sportlers beim Kampf um den Ball, oder wie jetzt bei der Handballweltmeisterschaft2019 in Deutschland und Dänemark, eine unglückliche Landung, oder ein missglückter Antritt…..
Fußball beispielsweise hat sich, insbesondere in den letzten Jahren, zu einem extrem ! schnellen und hochathletischen Spiel entwickelt. Wir untersuchen auch wissenschaftlich , inwieweit die Reaktionsfähigkeit der Sportler überhaupt noch ausreichend ist, immer auf alle komplexen Gefahrensituationen korrekt zu reagieren, ohne sich zu verletzen.
Im Skisport und internationalen Skicircus gibt es meines Erachtens auch manche unverantwortliche Profil- und Streckenführung der Pisten, wo die physiologische Nervenleitgeschwindigkeit und Reaktionsgeschwindigkeit des Skifahrers, einen Sturz nicht mehr vermeiden lässt.
7.) Frage: Kann einem die Psychologie bei der Reha helfen ?
Wir Sportorthopäden wissen sehr genau das psychologische, kognitive und soziale Faktoren einen starken Einfluss auf die Leistungsfähigkeit des Sportlers, auch im Rahmen einer Verletzungsrehabilitation, haben. Sportler sollten hier nicht allein gelassen werden. Die Motivation wieder zurück zu kommen, oder die Angst vor einer erneuten Verletzung, können die Wiederaufnahme des Sports auf höchstem Niveau fundamental beeinflussen. Hierzu gibt es leider noch wenig belastbare wissenschaftliche Studien.
8.) Frage Was ist die beste Prophylaxe vor einer Kreuzbandverletzung ?
Die beste Prophylaxe eine Kreuzbandruptur zu vermeiden ist ein stabiles Kniegelenk.
Die Stabilität erreicht man durch eine ausgeprägte und gut funktionierende , gut aufgewärmte und gedehnte Muskulatur.
Ein professionelles und gutes Fussballtraining, durch ausgebildete Übungsleiter und lizensierte Trainer, bereitet den Sportler hier auf die reaktionsschnelle Wettkampfsituationen vor.
Eine gute Kommunikation zwischen Trainern, Physiotherapeuten, Orthopäden und Chirurgen, sowie Sportmedizinern ist im Trainingsprozess immer sehr hilfreich.
8.) Frage : Gibt es Sportler die ohne Kreuzband auf das alte Leistungsniveau zurückgekommen sind.?
Ich persönlich erinnere einen sehr prominenten Fußballtorhüter meines Kölner Lieblingsvereins FC Köln der ,soweit ich weiß, ohne Kreuzbänder ein Weltklassetorhüter gewesen ist, der aber auch täglich intensivstes Krafttraining absolviert hat ,…zusätzlich zu seinem sportartspezifischem Training.
Jürgen Römer
orthopaede-roemer.de